„Sachsenberg“ ist eine Flurbezeichnung für eine hügelige Endmoränenlandschaft zwischen dem äußeren Ziegelsee und der Landstraße nach Wismar.

Wie der Name Sachsenberg zu deuten ist, bleibt umstritten. Möglicherweise besteht ein Bezug zu germanisch «sak`= Stein, was auf einen Steinberg hindeuten würde, was der Sache entspricht. Auf diesem Gelände, seinerzeit der großherzoglichen Domäne Groß Medewege zugehörig und damals eine gute halbe Stunde von Schwerin entfernt, wählte der junge Nervenarzt C. F. Flemming (1799-1880) im Jahre 1823 den Standort für eine neu zu errichtende Heilanstalt für Geisteskranke. Großherzog Friedrich Franz I. von Schwerin hatte zu diesem Zweck eine Dominialstiftung veranlasst, nachdem die ärztliche Versorgung psychisch erkrankter Personen in Mecklenburg erschreckend katastrophal geworden war. Schwerin wurde als Stadt im Jahre 1160 durch Herzog Heinrich den Löwen gegründet, im gleichen Jahr wie München. Slavische Fischerdörfer gab es hier schon früher, z.B. könnte der Straßenname Glaisin auf ein solches Dorf hinweisen. Germanische Siedlungen sind hier bis jetzt nicht belegt. Dennoch muss die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass der Name der Stadt Schwerin = Suerin mit den hier in der Völkerwanderungszeit durchziehenden Sueben zu tun hat. Die Sage erzählt, dass auf der Schlossinsel einst ein germanischer Tempel gestanden habe. Beweisen konnte man es nie. Auf dem hügeligen Sachsenberggelände stand nach einer Karte von Laurenberg um 1622 die Ortschaft Hilgendorp = Heiligendorf, etwa dort, wo heute der Friedhof zu finden ist. Die Karte von Wiebeking zeigt dieses Dorf um 1786 nicht mehr, man findet lediglich am „Weltenende“ einige Ziegeleigebäude eingezeichnet.

Baugeschehen

Nach Entwürfen von Hofbaurat Georg Adolph Demmler, der 1823-1851 in Schwerin tätig war, entstand 1825 der ca. 180 m lange schlossähnliche Bau der „Irren-Heilanstalt Sachsenberg“. Schon 1830 konnte die feierliche Einweihung erfolgen. Als erster Neubau in Deutschland für psychisch Kranke errichtet, vermochte Flemming, viele progressive Ideen dem Bau beizusteuern, was das fachliche Interesse an dieser Anstalt weit über Deutschlands Grenzen hinaus weckte. Bisher waren Zuchthäuser oder Waiseneinrichtungen für solche Kranke genutzt worden. Die Konzeption des Neubaus war so großzügig, dass in der 1. Klasse-Etage für jeden Patienten zwei Räume zur Verfügung standen: ein Schlaf- und ein Wohnraum. Jeder Patient hatte seinen persönlichen Pfleger. Es gab ausreichend sanitäre Einrichtungen einschließlich Bädern mit Warmwasser, wozu das Wasser vom See hochgepumpt wurde (mit einem Göpelwerk). Es gab Leseräume und ein Billardzimmer und einen mit Orgel ausgestatteten Kirchenraum. Weniger komfortabel ausgestattet waren die Räume der 2. und 3. Patientenklasse. In letzterer lebten 2-5 Patienten mit einem Wärter zusammen, und in der ruhigen Betreuungsabteilung gab es große Schlafsäle mit 15-18 Betten. Ein Problem für viele Jahre stellten die begrenzten Unterbringungsmöglichkeiten für unruhige und unheilbare Geisteskranke dar. Erst im Jahre 1880 konnte der Plan der Errichtung eines Pflegehauses für solche Patienten realisiert werden. Die wachsende Bedeutung der Heilanstalt Sachsenberg spiegelt sich in der rasch sich steigernden Patientenzahl wider, die bald zur bedrängenden Raumnot führte. Die großzügige Unterbringungskonzeption des Anfangs musste nach und nach aufgegeben werden. Zunächst entstanden für die unruhigen Patienten, die bisher ihren Platz in der „Frauen-“ und „Männerburg“, den beiden äußeren Flügeln des Hauses, hatten, 1843-1845 die beiden Zellengebäude (heute Wirtschaftshaus bzw. Akademie), die durch einen überdachten Hof mit den genannten äußersten Haupthausflügeln verbunden waren. Trotz dieser Maßnahme waren auch diese Bettenplätze schnell wieder überbelegt. Als 1850 in den Festungsanlagen von Dömitz in den dortigen Häusern Platz wurde, installierte man dort eine Pflegeabteilung. Es war eine unglückliche Lösung, denn mit 50 km Entfernung (Luftlinie) lag Dömitz etwa 9 Reisestunden entfernt. Erst 1880, im Sterbejahr Flemmings, wurden endlich die beiden Pflegehäuser auf dem Sachsenberg gebaut und bezogen, und 1884 dann durch die beiden neuen Zellenhäuser (Nebenhäuser) ergänzt. Dies endlich bedeutete eine entscheidende Verbesserung und Erleichterung der Behandlungsbedingungen. Das sog. Seuchenhaus am Rande des Anstaltsfriedhofes entstand unter dem Druck einer Epidemie erst 1893. Für die geistig behinderten Kinder war schon 1867 auf einem mehr stadtwärts gelegenen Gelände, dem „Lewenberg“, ein großzügig angelegtes Gebäude errichtet worden, nach seinem ersten bedeutenden Pädagogen das „Basedowhaus“ genannt. Diese Kinderabteilung fand nach 1945 in zweien der Parkhäuser auf dem Sachsenberg Platz. Diese und zwei weitere Parkhäuser sowie die beiden großen psychiatrischen Aufnahmehäuser, damals getrennt nach männlichen und weiblichen Patienten, waren 1912 gebaut worden. Diese letzte Kapazitätserweiterung reichte dann soweit aus, dass sich im wesentlichen 50 Jahre lang baulich nichts mehr geändert hat. Eine Modernisierung und Umstrukturierung von einer Heilanstalt zu einer zeitgemäßen Bezirksnervenklinik erfolgte erst 1960 unter dem Direktorat von Dr. H. Berthold. Dabei wurde die Bezeichnung „Sachsenberg“ für den klinischen Bereich aufgegeben. Wiederum war bei der Neuplanung die auswärtige Unterbringung unheilbarer psychiatrischer Pflegefälle notwendig, wobei die Entfernung jetzt aber keine Rolle mehr spielte. Der Unterbringung der Patienten erfolgte in dem weitläufigen Gebäudekomplex des zuletzt als adliges Frauenstift genutzten Klosters Dobbertin. Nach dieser Maßnahme war dann auch der Freizug eines der beiden Pflegehäuser möglich, in das nun die „Kopfklinik“ mit ihren Abteilungen HNO-, Augen- und Kiefernklinik ihren Einzug hielt. Das andere der beiden Pflegehäuser erfuhr eine Rekonstruktion ab 1975 und wurde 1977 zur „Klinik für Altersneuropsychiatrie“ umprofiliert. Im gleichen Jahr im Männer-Nebenhaus die Klinik für Suchtkranke. Aus den Kinderabteilungen wurde die Klinik für Kinderneuropsychiatrie, und des weiteren etablierten sich die Klinik für psychiatrische Rehabilitation und die Klinik für Neurosen und Funktionsstörungen. Die Neurologische Klinik hat ihren Sitz seit 1960 im Haupthaus.

Entwicklung des Parks

Von Baubeginn an behielt Dr. Flemming die Gestaltung der Umgebung der Anstalt im Auge. Ideen dazu hatte er auf Auslandsreisen gesammelt. Es ist anzunehmen, dass das Sachsenberggelände auf großen Flächen von einem Buchen-Mischwald bestanden war. Einzelne alte Baumexemplare sind aus jener Zeit erhalten geblieben, so die große Rotbuche am Kindergarten, die bei ihrem Sturz 1980 durch Jahresringzählung ein Alter von über 300 Jahren erkennen ließ. Zu den ersten Anpflanzungen Dr. Flemmings dürften wahrscheinlich die Sommerlinden gehören, welche die damaligen umfriedeten Patientenhöfe an der Rückseite des Haupthauses für die „Männer-“ und „Frauenburg“ säumten. €hnliche Anlagen mag Flemming in England gesehen haben. Dort gab es Landschaftsparks mit den typischen Merkmalen der Baumgruppen, der geschlungenen Wegeführung und der weiten Wiesenflächen. In diesem Sinne wurde der Park auch hier gestaltet. Schon 1833 wurde am Abhang zum Ziegelsee hin ein „Lustgarten mit englischen Parthieen“ angelegt, unter Einbeziehung von „zwei kleinen Wasserbassins“, deren eines der noch erhaltene „Schwanenteich“ ist. Zum Seeufer hin befanden sich damals die Gärten der Mitarbeiter, einschließlich des Gartens der Anstaltsgeistlichen (der erste Geistliche war der junge Pastor Bartsch aus dem Dorfe Lankow), auch ein Bootshafen und eine mit Badekabinen versehene Badeanstalt. Dr. Flemming hatte mit der weiteren Gestaltung des Parks den Ludwigsluster Garteninspektor Schmidt beauftragt. 1834 werden „Wald- und Schattenpartien“ erwähnt. Unter Berücksichtigung der hügeligen Landschaft und der verschiedenen Wasserflächen entstand so der damals etwa 11 ha große landschaftliche Park mit schönen Blickbeziehungen. Durch die Anlage des Anstaltsfriedhofes erfuhr der Park später eine Ergänzung und Erweiterung. Um 1912 hatte er eine Ausdehnung von 21,5 ha erreicht. Von den ehemaligen Wegeführungen des Parks sind einige heute noch gut erhalten, andere wenigstens noch zu erkennen, trotz †berwucherung, und andere sind durch spätere befestigte Trampelpfade in ihrem Verlauf verändert. 1833 wird eine geschwungen geführte Pappelallee zwischen dem Haupthaus und dem Schwanenteich erwähnt, von der heute keine Spur mehr zu finden ist. Auf einer Karte von 1886 ist vor dem Hauptgebäude der im wesentlichen noch erhaltene Springbrunnen eingezeichnet, um den ein oval geführter Weg mit seitlichen Abzweigungen bestand. Reste dieser Wegeanlage sind auch heute noch deutlich zu erkennen. Die Rekonstruktion des Springbrunnens 1970 erbrachte freilich keine ästhetisch befriedigende Lösung.

Baumbestand

Der Park Sachsenberg ist reich an verschiedensten in- und ausländischen Gehölzen. Zu den ältesten Anpflanzungen gehören heimische Gehölzarten wie Linde, Eiche, Rot- und Hainbuche, Pappel, Ahorn, Ulme, Weide und Lärche. Aber auch ausländische Arten wie Douglasie, Zypresse, Robinie und Weymuthskiefer fanden hier günstige Bedingungen. Der an der Nordostecke des Haupthauses stehende Mammutbaum gilt als einer der auffälligsten und besuchtesten Bäume. Leider trägt er keine Früchte. Solch seltene Gehölze wie die Nikkotanne und die Engelmannsfichte sind in den letzten Jahren den Stürmen zum Opfer gefallen, ebenso wie die fast 50m hohe Schwarzpappel am Schwanenteich. Zwischen 1900 und 1930 erfolgten großflächige Anpflanzungen, so von Coloradotannen, dem Hahnensporndorn, der Kornelkirsche, und den Hemlocktannen. Die Pyramideneichenallee, seinerzeit von Oberinspektor Rudolf Tarnow gepflanzt, musste 1978 dem Neubau des Bezirkskrankenhauses weichen; der Versuch einer teilweisen Umbettung der Pyramideneichen z.B. an das Galeriegebäude am Alten Garten zur guten Hoffnung misslang. Bis 1940 wurde der Park durch Gehölzarten wie Serbische Fichte, Eibe, Buchsbaum, Eberesche und blühende Pflaumenkirscharten bereichert. Aus dieser Zeit stammen auch die Pfropfungen von Hängebuche, Hängeesche und Trauerbirke.
Durch den Weltkrieg und seine schwerwiegenden Folgen trat die Parkpflege gegenüber den Problemen der Patientenversorgung weit in den Hintergrund. Kolonnen von arbeitstherapeutisch beschäftigten Patienten hielten das Gelände wenigstens sauber. Als nach 1960 mit der Modernisierung der Bezirksnervenklinik auch die Arbeitskolonnen aufgelöst wurden, verwilderte der Park mehr und mehr. Jungwuchs vor allem von Ahorn kam auf, die parkgestaltenden Sichtachsen wuchsen zu, das Ulmensterben griff um sich, und die Wiesenflächen wurden nicht bewirtschaftet. Durch Vertrag mit dem Rat der Stadt wurde die am Ziegelsee gelegene Uferzone des Parks rechtlich abgetrennt, um dort einen öffentlichen Wanderweg zu schaffen, und geplant war auch ein hoher Maschendrahtzaun, der das Klinikgelände von der öffentlichen Uferregion abtrennen sollte. Durch unsachgemäße Baumaßnahmen wurde der Abfluss des südlichen Quellbassins zugeschüttet, so dass im Bereich der Stutzlindenallee ein morastiger Untergrund entstand. Der Schwanenteich wurde durch Randbewuchs sonnen- und lichtärmer, hinein gestürzte Bäume begannen zu faulen, und das Wasser begann regelrecht zu stinken. Lurche und Fische sind heute in dem biologisch gekipptem Gewässer ebenso wenig zu finden wie ein Wasserpflanzenbewuchs. Das Interesse an der Erhaltung des Parks ist seit einigen Jahren gewachsen. Er wurde in die Liste der denkmalgeschützten Parks von Mecklenburg aufgenommen. Seit 1985 gibt es eine Konzeption für die denkmalpflegerische Parkrestaurierung, aber kaum Arbeitskräfte und keine verfügbare schwere Technik. Immerhin werden im Rahmen des Möglichen Aufräumarbeiten durchgeführt, wie das Ausholzen des Jungwuchses, die Beseitigung von totem Holz, und in letzter Zeit auch der Versuch der Entleerung des Schwanenteiches zu seiner Revitalisierung. Der Friedhof wurde bis auf eine umgrenzte Fläche, auf der neben anderen Gräbern auch ein Soldatengrabmal steht, und wo auch das Grabmal des mecklenburgischen Mundartendichters Rudolf Tarnow zu finden ist, weitgehend von Grabsteinen bereinigt und zu einer Parkfläche umgestaltet. Neue Gehölzsorten wurden angepflanzt, so der Essigbaum, der Tulpenbaum, und die Flügelnuss. Auf den …dflächen des „Weltenendes“ entstanden den flächenhafte Aufforstungen mit Roteichen und verschiedenen Nadelgehölzen. Der Landschaftspark Sachsenberg ist mit seinem reichhaltigen Baumbestand ein wertvoller teil unserer mecklenburgischen Heimat. Leider macht das Baumsterben auch hier keinen Halt. Die Anzahl der erkrankten Bäume, vor allem bei Fichten und Kiefern, hat in den letzten Jahren erschreckend zugenommen. Dieser Befund ordnet sich damit in die Erfassung der Waldschäden unseres Landes ein, die im November 1989 mit 45% angegeben wurden. Aber noch singt hier in jedem Frühjahr die Nachtigall. Und das soll so bleiben.
Autor: Dr. Jürgen Maier

Kontakt: 
Landschaftspark Sachsenberg
19055 Schwerin
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